Eines ist gewiss im Leben: der Tod. Ein Satz, den jede*r kennt. Trotzdem verdrängt die Gesellschaft den Tod an ihren Rand. Für Menschen am Lebensende gibt es Heime, für Sterbende Hospize, zum Sterben Krankenhäuser. Dass es mit dem Tod einer Person für die Verbleibenden nicht zu Ende ist, damit rechnen nicht alle. Immer wieder hört man davon, dass die Kosten einer Beerdigung eine wirtschaftliche Gefährdung für die Nachfahren darstellen. Mit 7.000 – 10.000 € muss man schon rechnen. Diese Problematik greift Errollyn Wallen auf in „Machen Sie sich Sorgen über die steigenden Kosten von Beerdigungen?“. Sie prallt an diesem Konzertabend auf das Mozart-Requiem. Eine Totenmesse in Auftrag zu geben und aufführen zu lassen, ist eine der denkbar pompösesten und teuersten Formen, Verstorbener zu gedenken.
So verschieden die Ansätze der beiden Werke sind, so verschieden klingen sie: Während das Requiem einen unwiderstehlichen Sog nach unten erzeugt, lockert Errollyn Wallens Werk die düstere Stimmung sogleich mit dem ersten Satz, einem souligen Blues. Isabel Pfefferkorn und das Rothko String Quartet lenken an diesem Konzertabend die Aufmerksamkeit auf das, was den Hinterbliebenen zwischen Trauer und Rechnungen bleibt: die Suche nach Trost und die Hoffnung auf Freiheit durch einen Neubeginn.
[Text: PODIUM Esslingen]
Ein zeitgenössisches Werk wurde auch mit seiner stilistischen Grenzerweiterung zum Höhepunkt des Abends: „Are You Worried About the Rising Costs of Funerals“ hat die 1958 in Belize geborene britische Komponistin Errollyn Wallen im Neo-Dada-Stil ihre Collage überschrieben, die – mit dem Blues beginnend über Ragtime bis zur Ballade und zum raphaften Sprechgesang – eine wahre Wundertüte an Genres zu einem doch klassisch formvollendeten Virtuosenstück für eine Frauenstimme und vielfältig ausdifferenziertem Streichquartett vereint.
[Rezension: Martin Bernklau, Cul-Tu-Re.de Kultublog, 03.08.2024]